Scheinträchtigkeit
 


 
Der Begriff "Scheinträchtigkeit" ist zumindest bei Hündinnen etwas irreführend, da das herausragende Merkmal die Milchbildung ist, die sich einstellt, obwohl die Hündin vorher nicht tragend war. Milchbildung ohne Trächtigkeit ist im Wolfsrudel - den Vorfahren unserer Haushunde, ein normaler Vorgang, also nichts Krankhaftes. Die nicht tragend gewordenen Wölfinnen beteiligen sich im Interesse des Rudels an der Aufzucht der Wolfswelpen und sichern damit eine zahlreiche und kräftig-gesunde Nachkommenschaft. Eine geringe Anschwellung der Milchleiste bei Hündinnen mit minimaler Sekret- bzw. Milchbildung vier bis neun Wochen nach der Läufigkeit ist somit unbedenklich, wenn sie nicht länger als zwei bis vier Wochen anhält und ohne wesentliche Verhaltensänderungen abläuft.
 
Praktische Ratschläge
 
Milchbildung ohne vorangegangene Trächtigkeit ist bei geringer Ausprägung nicht krankhaft. Meist werden Puppen und ähnlicher Welpenersatz durch die Wohnung getragen, es wird ein Nest gebaut und die Hündin reagiert etwas verschmust oder leicht aggressiv. In solchen Fällen ist folgendes zu beachten:
  • Milchleiste einmal abtasten um festzustellen, ob Sekret oder Milch vorhanden ist und ob die Milchkomplexe heiß sind (wenn Sie sich in der Beurteilung unsicher sind, dann vorsichtshalber den Tierarzt aufsuchen)
  • Kontakte mit kleinen niedlichen Welpen und Junghunden möglichst vermeiden, da dadurch Muttergefühle und Milchbildung angeregt werden können Welpenersatz-Objekte wegnehmen, Nestbau verhindern
  • Auf das Schmuseverhalten nicht extra eingehen, vor allem nicht verstärkt im Bauch- und Milchleistenbereich streicheln und massieren. Liebevoll, aber etwas forscher als sonst mit der Hündin umgehen
  • Viel Ablenkung! Mehr Spaziergänge als bisher. Den Eiweißanteil im Futter etwas reduzieren. Vor allem Dosenfutter in der Zeit der Scheinträchtigkeit mit Kartoffeln, Reis oder Makkaroni bis zur Hälfte strecken. Keine besonders leicht verdaulichen Eiweisfutter wie Milch, Leber und reines Muskelfleisch. Aufpassen, daß die Hündin nicht an den Milchkomplexen saugt, hier ist eine Bauchbinde nützlich
Unbedingt den Tierarzt aufsuchen, wenn folgende Symptome festzustellen sind:
 
  • Hitze in den geschwollenen Milchkomplexen
  • Verhärtung von Milchkomplexen
  • Extrem viel Milch in den Komplexen, so daß evtl. Milch regelrecht herausläuft
  • Eitriges Sekret
  • Fieber
  • Keine Futteraufnahme und/oder Erbrechen
  • Extrem unleidliches oder aggressives Verhalten
  • Viel Durst
  • Ausfluß von Sekret aus der Scheide (eine gleichzeitige Gebärmutterentzündung kann vorliegen)
Ohne Anweisung des Tierarztes keine Behandlungen am Gesäuge vornehmen, wie kühlende Umschläge, Einreibungen u.ä. Hauptnachteil solcher Manipulationen: Die Milch- und Sekretbildung wird in der Regel angeregt. Der Tierarzt hat aufgrund einiger neuerer Erkenntnisse zu Ursachen und Entwicklung der Scheinträchtigkeit recht vielfältige Möglichkeiten, je nach Art und Ausprägung therapeutisch einzugreifen.
Da die Scheinträchtigkeit mit einer verstärkten Ausschüttung von Prolaktin einhergeht, sind Prolaktinsekretionshemmer entwickelt worden, die besonders bei sehr viel Milchbildung einsetzbar sind. Bei Entzündung der Milchkomplexe müssen Antibiotika und entzündungshemmende Substanzen eingesetzt werden. Scheinträchtigkeit ist oft auch ein psychisches Problem und äußert sich in verändertem Verhalten. Hier hilft oft der Einsatz eines zentralnervös wirksamen Stoffes, einem Opium-Antagonisten. Im Einzelfall sind kühlende oder resorptionsfördernde Salben bzw. Umschläge anzuwenden. Bei starkem Sekretstau ist eine schnelle Abschwellung und damit Erleichterung durch Akupunktur zu erzielen. Homöopathie ist eine milde, oft preisgünstige Form der Behandlung bei viel Milchsekretion und/oder verändertem Verhalten sowie Entzündungen.
 

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